Lokomotion – Das meint die Presse

Bewegungsmuffel zum Sport gebracht

 

WERNAU: Grundschüler durften am Lokomotion-Projekt teilnehmen – Kinder verbessern sich über die vier Monate zum Teil enorm

Was bewirkt eine zusätzliche wöchentliche Sportstunde für Kinder im Grundschulalter? Das hat der Wernauer Sportlehrer Oliver Otto mit seinem Projekt Lokomotion (das heißt Bewegung) erforscht. Alle Wernauer Erst- bis Viertklässler konnten freiwillig und kostenlos teilnehmen. 57 Kinder nahmen das Angebot wahr. Das Ergebnis: „Die Kinder verbesserten sich über die vier Monate zum Teil enorm“, freut sich Otto.

 Von Regina Schultze

„Die größte Überraschung war für mich, wie motiviert die Kinder dabei geblieben sind“, sagt Oliver Otto über sein Projekt, das im Januar beendet war. „Zu jeder Stunde kamen mehr als 40 Kinder.“ 30 bis 40 Prozent zählt er zu den „Bewegungsmuffeln“, Kinder also, die wenig oder gar keinen Sport treiben. Einige davon haben nun eine Sportart für sich entdeckt. Manche Eltern wollen ihr Kind in einem Verein anmelden. Und manche hätten es am liebsten gehabt, wenn das Projekt ohne Pause weitergegangen wäre. Immerhin: Vermutlich folgt schon im Herbst eine Fortsetzung: „Die Krankenkasse will das unbedingt“, verrät Otto. Gemeint ist die Bosch BKK Wernau, die das Projekt ermöglicht hat.

Vier Monate lang durften die 57 Mädchen und Jungen der Teck- und der Schlossgartenschule freitagnachmittags zur Zusatz-Sportstunde in die Realschulturnhalle auf dem Katzenstein kommen. „Wir wollten eigentlich nur 40 Kinder nehmen“, sagt der 40-Jährige. Als es 57 wurden, wollte er aber niemandem absagen. „Mehr geht aber ned.“ Otto lobt sein 13-köpfiges zuverlässiges Helferteam zwischen 12 und 70 Jahren: „Manche waren grad mal drei, vier Jahre älter als die Übenden.“

 Balance mit Maulwurf-Bild

Zu Beginn des Projekts wurde die Fitness gemessen, zum Beispiel beim Sechs-Minuten-Lauf, im Standweitsprung, im 20-Meter-Sprint, bei einer Reaktionsübung, beim Einbeinstand oder beim Koordinationstest auf dem Pedalo. Die Werte wurden nach vier Wochen und nach vier Monaten am Ende des Projekts überprüft. Der Erfolg war sichtbar: Sport treiben hilft. „Die Teilnehmer verbesserten sich im Durchschnitt bei jeder Disziplin“, sagt Otto, der beim VfB Stuttgart arbeitet als Leiter für Bildung und Erziehung sowie als Gehirn- und Koordinationstrainer der Jugend. Bei den Kindern zeigten sich häufig sehr deutliche Unterschiede zwischen denen, die Sport im Verein treiben, und Kindern, die keinem Verein angehören. „Manche sind aber auch richtig gut ohne Verein.“ Die sichtbarste Verbesserung war bei der Reaktionsfähigkeit zu sehen: Fast 68 Prozent aller Kinder schafften es am Ende viel schneller, einen fallenden Stab zu fassen. Den Älteren gelang das erwartungsgemäß besser als den Jüngeren. „Es scheint, dass im Alter von 9 bis 10 Jahren die größten Zuwächse möglich sind“, sagt Otto. Eine weitere Aufgabe: Möglichst schnell sollten die Grundschüler bei einem Test beidbeinig über eine Linie hin- und herspringen und dabei möglichst viele Kontakte innerhalb einer Minute schaffen. Hier verbesserten sich stattliche 43 Prozent aller Kinder. Die größte Steigerung bewiesen die Drittklässler. „Die ‚vereinslosen‘ Kinder erreichten nicht annähernd die Verbesserungsraten der ‚vereinszugehörigen‘ Kinder.“

Ebenfalls überzeugend verbessert wurde die Konzentration. Die wurde kombiniert mit der Beinmuskulatur getestet. Auf einem etwa vier Zentimeter schmalen Holzbalken sollten die Sechs- bis Zehnjährigen so lange wie möglich auf einem Bein balancieren – und gleichzeitig ein Bild anschauen, das einen Maulwurf zeigte. Stattliche 31 Prozent verbesserten sich. Am meisten steigerten sich die Drittklässler (mehr als 58 Prozent). „Das zeigt, dass sich die Acht- bis Neunjährigen mit Abstand am besten konzentrieren konnten.“ Bei den Sechs- bis Siebenjährigen fehle zum Teil noch die nötige Beinmuskulatur, die Zehnjährigen hatten beachtliche Konzentrationsprobleme, analysiert der Trainer.

Eindeutig erhöht wurde die Sprungkraft nach dem vierwöchigen Training: 21 Prozent schafften am Ende beim Standweitsprung größere Hüpfer. „Es scheint, dass im Alter von neun bis zehn Jahren die größten Zuwächse möglich sind.

Schnell auf dem Pedalo

Für den Koordinationstest durften die Kinder aufs Pedalo. Zehn Meter auf Tempo fahren, lautete die Aufgabe. 15 Prozent der Übenden verbesserten ihre Zeit. „Einer schaffte die zehn Meter in acht Sekunden“, staunt Otto. Allerdings zeigt sich hier, dass relativ vielen Kindern koordinative Fähigkeiten fehlen.

Bei der Ausdauer ließ sich kein einheitlicher Trend feststellen. Die durchschnittliche Verbesserungsrate lag bei 5,5 Prozent, bei den Viertklässlern waren es immerhin 13,6 Prozent. Beim Sechs-Minuten-Lauf wurde eher deutlich, wer Lust zum anstrengenden Rennen hatte und wer nicht. Bei der Schnelligkeit veränderte sich erwartungsgemäß wenig. Die Verbesserung beträgt nur 0,7 Prozent. „Zum Großteil ist das genetisch bedingt“, sagt der Fachmann. Sprinter brauchen viele der schnellen Muskelfasern – und die hat man oder auch nicht. Natürlich könne man sich auch im Sprint verbessern, doch das sei bei den Grundschülern schließlich nicht das Ziel.

 erschienen in der Esslinger Zeitung vom 13.2.13

Körper und Geist in Bewegung

von Sylvia Schmid

„Lokomotion“ ist keine Coverversion von Kylie Minogue, auch keine Dampfeisenbahn und hat auch mit einem Computerspiel und dem südamerikanischen Fernsehsender nichts gemein. Im Gegenteil. Im Zeitalter von Fast Food, Smartphone, Spielekonsole und Reizüberflutung durch Medien sind motorische Defizite und geringe körperliche Fitness bei Kindern an der Tagesordnung. „Lokomotion“ ist ein Trainingsprogramm für Körper und Gehirn, mit dem Oliver Otto den Grundschülern neue Impulse geben will.

Durch freies, kreatives Spiel und gezielte Übungen sollen sich Fähigkeiten und Fertigkeiten verbessern. „Dabei wachsen soziale Komponenten wie Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein“, erklärt Oliver Otto. „Die Kinder sollen den Spaß an der Bewegung und am Sporttreiben in der Gruppe zurückgewinnen. Das verhindert gleichzeitig das Ausgegrenzt-Sein und fehlende soziale Handlungsmuster. Jedes Kind wird dabei mit Lernerfolgen belohnt.“

In der Turnhalle geht es zu wie in einem Bienenstock. Bewegungsmangel? Fehlanzeige. Überall laufen, hüpfen und springen Mädchen und Jungen. Weite zählt beim Sprung aus dem Stand, der Cat-Walk auf einem langen Holzscheit wird ebenso zum Balance-Akt wie das minutenlange Stehen auf einem Bein an der Station daneben. Anfeuerungsrufe schallen durch die Halle: beim Wettrennen um kunterbunte Slalom-Hütchen, Ausdauer ist gefragt beim 6-Minuten-Lauf und vor der Kletterwand warten verschiedene Pedalos darauf, geschickt in Beschlag genommen zu werden. Doch bevor es an die einzelne Stationen geht, finden Aufwärmspiele statt. Die ganze Schar fasst sich an den Händen, tanzt im Kreis. Und dann fliegen Bälle durch die Luft. Was für ein Spaß.

„Ich brauche die Hilfe von engagierten Menschen“

„So viele Kinder wie möglich zu bewegen, nicht nur körperlich, sondern auch geistig, stellt schon lange mein Ziel dar“. Wie auch bei „B.A.L.U.®“ und „Schmatz und Schwitz“ versucht Oliver Otto, die zusätzliche Sportförderung den Kindern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Auch „Lokomotion“ geht nicht ohne die Hilfe von engagierten Menschen. „Bei diesen ehrenamtlichen Helfern und Sponsoren möchte ich mich hiermit recht herzlich bedanken“, so der Initiator.

erschienen im Waz vom 19.10.12

Hattenhofen.  Bewegung gehört fürOliver Otto wie das Zähneputzen zumtäglichen Leben.

Der Ex-Profi-Bundesligaspieler ist Initiator von „Lokomotion“, einem Koordinations- und Bewegungsprojekt für Kinder.

von Sabine Ackermann

 „Mens sana in corpore sano“ – in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Bereits seit Jahren nimmt sich der Kindergarten in Hattenhofen das Zitat des römischen Satirikers Juvenal sehr zu Herzen. Jetzt hat sich das Kindergarten-Team noch einen „Bewegungsprofi“ mit ins Boot geholt. Oliver Otto, eingefleischten Fußball-Fans noch als Profikicker des VfB Stuttgart (1992-1994) und des SSV Ulm (1994-2001) in Erinnerung, bringt Kinder mit dem Koordinations- und Bewegungsprogramm „Lokomotion“ zum Rennen und verhilft ihnen, sich weiter zu entwickeln.

Durch freies kreatives Spiel und gezielte Übungen sollen sich Fähigkeiten und Fertigkeiten verbessern. „Dabei wachsen soziale Komponenten wie Selbstwertgefühl oder Selbstbewusstsein“, erklärt Oli Otto und fügt hinzu: „Lokomotion ist ein Programm für den Körper und für das Gehirn. Die Jungen und Mädchen sollen den Spaß an der Bewegung sowie am Sporttreiben in der Gruppe zurückgewinnen. Dies verhindert gleichzeitig das Ausgegrenzt-Sein sowie fehlende soziale Handlungsmuster. Jedes Kind, ob mit guten oder schlechten Grundvoraussetzungen, wird dabei mit Lernerfolgen belohnt.“

An zehn Nachmittagen verwandelt der staatlich geprüfte Sport- und Gymnastiklehrer die Sillerhalle für eineinhalb Stunden mit seinem Spielmobil buchstäblich in ein Bienenhaus. Balance-Box, Bärenrolle, Federbrett, Fun-Wip, Laufräder, Stabilisator nebst verschiedenen Pedalos warten darauf, von dem quirligen Haufen in Beschlag genommen zu werden. Doch zuerst findet ein Aufwärmspiel statt. Hierzu imitiert der 38-jährige Wernauer Tiere wie Affe, Elefant, Frosch oder Schlange und die kleinen Sportler dürfen die typischen Erdenbewohner nachmachen. Was für ein Spaß. „Wir bieten unseren Kindern ja bereits seit sechs Jahren an zwei Nachmittagen die Woche Bewegungs- und Sportstunden an. Doch diese Fülle an Geräten und dazu noch der Oli ist natürlich etwas ganz Besonderes und kommt dementsprechend super an“, verrät Erzieherin Helena Bruzki lachend.

Die Gruppenleiterin hat Kollegin Julia Weiß, Anerkennungspraktikantin Madlen Janka sowie die beiden Praktikanten und „Mädchen für alles“ Sina Kehrer und Max Kehm als Unterstützung dabei. „Man muss ja stets die Augen offenhalten. Als zusätzliche Ergänzung zum Kindergarten-Alltag fiel mir das Programm von Oliver Otto ins Auge. Und der hat sofort Ja gesagt. Gerade für solche tolle Projekte, die sozialen Einrichtungen zugutekommen, hilft der Spendentopf der Hermann-und Hilde-Walter-Stiftung“, freut sich Bürgermeister Jochen Reutter.

 Bericht erschienen in der NWZ